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mit aufgestellten Kragen und komplett in Polo Ralf Lau-
ren, Mutti mit Louis-Vuitton-Täschchen und fettem Ein-
karäter (wenn nicht mehr, aber leider kenne ich mich
damit nicht so aus). Hinter ihnen eine muntere Gruppe
Männer. Alle um die Mitte Zwanzig und mit Bierdose in
der Hand. Auf ihren neonorangefarbenen T-Shirts prangt
eine hübsche Urlaubsbotschaft: Ficken, blasen, saufen:
Malle wir kommen! Na, da wird sich Malle bestimmt rie-
sig freuen. Die Upperclass-Mama dreht sich alle paar
Minuten mit angewidertem Blick nach hinten um. Dass
sie mit derartigem Pöbel in einer Maschine wird sitzen
müssen, macht ihr sichtlich zu schaffen. Wiederholtes
Kopfschütteln soll ihre Haltung wohl verdeutlichen.
Ich bin nicht sicher, welche Gruppe ich schlimmer finde.
Christoph sympathisiert natürlich mit der Golferfamilie.
Er strahlt die Einkaräter-Tussi an, als gelte es, sie jetzt
und hier zu erobern.
»Geht s auch zum Golfen?«, fragt er, obwohl das bei
dem Gepäck ja offensichtlich ist.
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Peinlich dieses Angewanze. Sie schaut erstaunt auf, sieht
Christoph an, mustert ihn von oben bis unten und ent-
schließt sich dann tatsächlich, mit ihm zu reden.
»Wir fahren auf unsere Finca!«, antwortet sie, um gleich
mal klarzumachen, dass sie nicht etwa eine schnöde Pau-
schaltouristin ist.
»Herrlich«, schwärmt Christoph, »wir denken auch dar-
über nach, uns ein Ferienhaus anzuschaffen!«
Tickt der noch richtig? Seit wann denn das? Und vor al-
lem wovon? Haben wir immense Geldreserven, von
denen ich nichts ahne? Ein Ferienhaus? Ich wäre froh,
wir hätten unser Reihenhaus abbezahlt.
»Wir haben es nie bereut«, legt Frau Einkaräter jetzt rich-
tig los. »Es ist doch was völlig anderes, ins eigene Zu-
hause zu fahren.«
»Natürlich«, beteuert Christoph, und ich würde zu gerne
wissen, wie er das so vehement behaupten kann. Meiner
Information nach besitzt Christoph kein Ferienhaus und
war mit seinen Eltern jahrelang im Wohnmobil unter-
wegs.
»Vielleicht sieht man sich ja mal beim Golf!«, beendet
die Fincabesitzerin ihren kleinen Smalltalk mit meinem
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Mann, der mir irgendwie gerade ganz peinlich ist. Er hat
so was Untertäniges in seiner Stimme gehabt. Gepaart
mit Bewunderung. Einen gewissen Sozialneid kann ich ja
noch nachvollziehen, aber dieses Devote finde ich über-
trieben. Sie haben ein Haus fein für sie. Es gibt immer
Menschen, die mehr haben.
An sich finde ich wir können zufrieden sein. Aber
Christoph hat seit Neustem so einen Drang nach mehr.
Nach mehr sozialem Status, mehr Anerkennung, mehr
Luxus.
»Also dann, tja, vielleicht sieht man sich mal!«, verab-
schiedet er sich, und ich ziehe ihn sanft in Richtung Si-
cherheitskontrolle.
»Was sollte denn das?«, zische ich ihn an, nachdem Fa-
milie Golf außer Sichtweite ist.
»Man wird doch mal mit netten Leuten ein Gespräch füh-
ren dürfen!«, verteidigt er sich direkt.
»Seit wann erwägen wir, ein Ferienhaus zu kaufen?«,
frage ich giftig nach.
»Ich habe schon mal drüber nachgedacht. Ist doch ne
schöne Sache so ein Ferienhaus, oder?«, antwortet er
ganz freundlich.
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»Eine sehr schöne Sache. Die Frage ist nur, wovon wir
uns ein Ferienhaus kaufen, vielmehr du dir ein Ferien-
haus kaufst!«, merke ich leicht ironisch an.
Eine schöne Sache! Eine schöne Sache ist für mich ir-
gendwie kleiner. Ein iPad oder eine kuschelige Decke
oder ein paar heiße Stiefel. Aber ein Haus? Wir leben
sicherlich nicht über unsere Verhältnisse (auch ein Aus-
druck meines Vaters), aber einer von uns denkt augen-
scheinlich über unsere Verhältnisse. Verrückt. Wann
wollte er mir denn mitteilen, dass wir darüber nachden-
ken, ein Ferienhaus zu kaufen?
Im Flugzeug sitzen wir in einer Dreierreihe Christoph
am Fenster, ich habe den Mittelplatz. Ich hasse den Mit-
telplatz. Nirgends kann man seine Beine hinstrecken. Zu
meiner großen Freude setzt sich einer aus der Ficken-
Blasen-Saufen-Gruppe neben mich. Mit Bierdose in der
Hand und ordentlicher Bierfahne.
»Auch ein Schlückchen?«, fragt er freundlich.
Christoph wendet mir entsetzt den Kopf zu.
»Gerne«, sage ich, obwohl es mich ein ganz klein biss-
chen ekelt. Aber es ist eine Art Trotzreaktion. Christoph
strebt nach oben, ich orientiere mich in die Gegenrich-
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tung. Der FBS-Mann hält mir freudestrahlend die Bier-
dose hin, und ich nehme einen guten Schluck.
»Andrea, ich bitte dich!«, entfährt es meinem Mann.
Er schaut, als hätte ich eine Klobrille auf einer Rastanla-
ge abgeleckt.
»Willst du auch was?«, frage ich freundlich.
»Sag mal, geht s noch?«, kommt die prompte Rückfrage.
»Ich bin der Jens!«, stellt sich mein Sitznachbar vor.
»Andrea«, antworte ich und reiche ihm seine Bierdose
zurück.
»Kannst jederzeit noch einen Schluck haben!«, redet
Herr Ficken-Blasen-Saufen weiter.
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